Worum geht es?

Verschiedene Nachrichten und Meldungen aus dem Netz werden ausgedruckt und im Treff aufgehängt. Am besten möglichst zentral und gut sichtbar. Die Jugendlichen bekommen Wäscheklammern, welche auf der einen Seite mit „Fake“ und auf der anderen Seite mit „Real“ beschriftet sind. Sie können zuerst selbst „nach Bauchgefühl“ ihre Klammern setzen. Danach wird gemeinsam aufgelöst und über die Entscheidung gesprochen. Lassen sich die Jugendlichen motivieren, kann zusätzlich gemeinsam nachrecherchiert werden. Dafür befinden sich auf den Ausdrucken kleine Hinweise und praktische Tipps, welche zu einem schnellen Rechercheergebnis führen. Jugendliche können z.B. auf einer Faktencheckerseite auf Instagram oder TikTok Hintergründe zur entsprechenden Meldung finden oder die Google-Rückwärtssuche und Apps zur Bildmanipulation selbst ausprobieren. Dabei sammeln die Jugendlichen weitere praktische Tipps und Tricks zum Erkennen von Fake News.

Abb. 1: Foto der aufgehängten Druckvorlagen im Jugendzentrum. Mit den „Fake or Real“-Wäscheklammern können die Besucher*innen ihren Tipp zu den ausgedruckten Beispielen abgeben.
Zielgruppe

Jugendliche ab 12/13 Jahren im Jugendtreff

Ziele

Gesprächsanlässe schaffen und Reflexionsanstöße setzen: Je nach Auswahl der Meldungen kommt man mit den Jugendlichen zu verschiedensten Themen und Fragestellungen ins Gespräch.
Austausch von Tipps & Tricks zum Erkennen von Fake News.

Reflexionsebene

Woran erkennt ihr Fake News? Warum werden diese online gestellt? Wer macht so was? Warum verbreiten sich falsche Nachrichten so schnell? Wann vertraut ihr Quellen? Wo bekommt ihr eure Nachrichten her? Was ist Clickbait, Hetze, Spam, Satire …? Welche Auswirkungen können Gerüchte und Falschnachrichten haben?  Welche Art von Spaß ist noch ok, wann wird für euch eine Grenze überschritten?

Zeit

Flexibel; 5-30 Minuten pro Nachricht/Meldung, je nach Interesse und Motivation

Materialien
Gelingensbedingungen & Tipps

Beziehungsarbeit:
Um gut mit den Jugendlichen in der Einrichtung ins Gespräch zu kommen, ist es notwendig, zuvor eine Beziehung aufzubauen. Wird das Projekt von externen Fachkräften durchgeführt, so sollten diese sich erst einmal 20-30 Minuten Zeit nehmen, um im Jugendtreff anzukommen; an der Theke chillen, mit den Jugendlichen kickern, (authentisches) Interesse an den Aktivitäten der Jugendlichen zeigen („Was zockst du da gerade?“; „Spielt ihr gegeneinander?“; „Was muss man da können?“; „Worum geht es?“; …) und allgemeine lockere Gespräche an der Theke führen.

Die eigene Haltung:
Es ist wichtig, die Perspektive, Erfahrungen und Kompetenzen junger Menschen miteinzubeziehen und immer eine wertschätzende und interessierte Haltung den Jugendlichen und ihrer individuellen Mediennutzung gegenüber einzunehmen. Kinder- und Jugendliche verbringen viel Zeit im Netz. Sie haben bereits einiges an Kompetenzen im Umgang mit Technologien erworben und auf jeden Fall aus ihrer Erfahrung heraus ein gutes Bauchgefühl auch in der Bewertung und im Umgang mit Fake News entwickelt. Oft fehlt es an einer kritisch reflexiven Auseinandersetzung. Im gemeinsamen Medienhandeln und/oder in den Gesprächen mit den Jugendlichen gilt es, entsprechende Reflexionsanstöße zu initiieren. Gelingen kann dies am besten mit einer forschend neugierigeren Haltung. Man sollte gespannt darauf sein, auf welcher (ganzheitlichen) Erfahrungsebene Jugendliche Medien erleben und für sich bewerten. Unser oft zu kognitiver Zugang versperrt diese Sicht manchmal. Auch hier gilt es, wieder gegenseitig voneinander zu lernen.

Motivation:
Ohne eigene Motivation, Spaß und Lust auf das Projekt und auf die Gespräche mit den Jugendlichen wird das Projekt scheitern. Seid ihr selbst motiviert, motiviert ihr auch schnell eure Jugendlichen. Kommt man als externe Fachkraft, gilt es, die Motivation der Mitarbeiter*innen mit anzukurbeln. Die Mitarbeiter*innen haben die engste Beziehung zu den Jugendlichen. Wenn z.B. Mirco drei Jugendliche anspricht: „Hey! Voll coole Aktion da hinten! Ich möchte jetzt auch mal schauen, ob ich alle Fake News erkenne. Kommt mal mit! Hey, kommt, wir schauen uns das mal an!“
Die Motivation der Jugendhausmitarbeiter*innen gelingt auch nicht durch eine Anweisung oder Verpflichtung. Ein „Es wäre schön, wenn ihr auch selbst mitmacht, das motiviert eure Jugendlichen“ oder ein „Hey wollt ihr nicht auch mal …“ muss ausreichen. Ansonsten wird eure Motivation für das Projekt auch die Mitarbeiter*innen anstecken und dann wiederum die Jugendlichen. Schafft gemeinsam eine positive Atmosphäre.

Selbst mal falsch liegen? Voll erwünscht!
Um die Perspektive der Jugendlichen nicht zu vergessen und nicht in eine lehrerartige (allwissende) Rolle hineinzugeraten, empfiehlt es sich, sich entweder in den eigenen Status der Unwissenheit zurückzuversetzen (als ich die Meldung selbst das erste Mal gelesen habe, wusste ich da sofort, was Sache war, oder war ich mir selbst auch unsicher?) oder die Meldungen nicht alle selbst herauszusuchen, sondern gemeinsam mit Kolleg*innen, um sich dann gegenseitig zu testen: „Und was meinst du? Fake oder Real?“. Das lässt sich auch gemeinsam mit Jugendlichen machen, die dann eigene Meldungen heraussuchen und damit die Erwachsenen herausfordern.

Lebensweltorientierung:
Bei der Auswahl der Meldungen sollten Themen und Medienvorlieben der Jugendlichen mit einbezogen werden. Vielleicht gibt es einen satirischen Beitrag über ihren Lieblingsrapper (vgl. Capital Bra im Postillon), eine Betrugs-SMS zu Netflix oder auch politische Themen, die im Lebensumfeld relevant sind (z.B. Polizeigewalt, Rassismus u.ä.). Gibt es eine bekannte Person auf TikTok, die Informationen bereitstellt, wie z.B. Herr Anwalt, oder allgemein einen Fakt über TikTok, Instagram, ein angesagtes Computerspiel oder auch Klatsch und Tratsch über Influencer*innen oder Stars, wie zum Beispiel der Clickbait-Artikel der Bild über Bibis Beautypalace?
Um besser an den Interessen der Jugendlichen ansetzen zu können, kann es sinnvoll sein, direkt nach der Auflösung mit W-Fragen einzusteigen: „Welche der Meldungen hat dich am meisten interessiert und warum?“ Neben kleinen Impulsen zur Nachrichtenkompetenz (vgl. Reflexionsebene) werden mit diesen Fragen das Interesse, der Erfahrungsraum und die Perspektive der Jugendlichen in den Mittelpunkt gestellt. Die Gespräche können somit über Erfahrungen der Jugendlichen mit Medien, Gerüchten, Polizeigewalt, Betrug und Falschmeldungen, Hasskommentaren oder aber auch einfach über einen Rapper und seine Musik geführt werden. Im Gespräch werden sich vielfältige Ansatzpunkte ergeben, um den Kreis zur Nachrichtenkompetenz wieder zu schließen.

Freiwilligkeit:
Wichtig ist, dass das Angebot in der Offenen Tür ein freiwilliges ist. Ebenso sollte sensibel damit umgegangen werden, ob die Jugendlichen aktuell noch voll am Ball sind oder nur aus Höflichkeit dabei bleiben. Es gilt, zum Mitmachen zu motivieren aber nicht zu verpflichten.

Der eigene Anspruch:
Es sollte nicht der Anspruch bestehen, Jugendlichen Wissen einzutrichtern, sondern das Ziel sollte sein, kleine Impulse zu setzen und weiterhin die Perspektiven und den Erfahrungsraum der Jugendlichen in den Fokus zu stellen.

  • Niedrigschwellige Variation der Methode: Gesprächsanlass Theke einklappen

    Vereinzelte „Fake or Real?“-Meldungen können (immer mal wieder über einen längeren Zeitraum hinweg) auf der Theke des Jugendhauses ausgelegt werden. Zum Beispiel mit einer kurzen motivierenden Ansprache: „Hey, was denkst du? Fake oder Real?” So können Gesprächsanlässe im Alltag geschaffen werden. Die Wäscheklammern können hier verwendet werden, müssen aber nicht.

  • Erweiterung der Methode: Recherche einklappen

    Eingeleitet mit der Frage „Welche der Meldungen sollen wir uns mal genauer anschauen?“ oder „Bei welcher möchtest du unbedingt wissen, warum du richtig oder falsch lagst?“ werden Jugendliche aufgefordert, die Meldungen selbst einmal zu überprüfen. Dies kann mit einer offenen Recherche geschehen. Meist jedoch ist es hilfreich, die Jugendlichen den Recherchetipp am Ende der Meldungen ausprobieren zu lassen. Bei der Auswahl der Tipps wurde darauf geachtet, dass diese möglichst niedrigschwellig und praxisnah sind und zudem zu schnellen Ergebnissen führen.

  • Erweiterung der Methode: Dein Jugendtreff einklappen

    In Absprache mit den Mitarbeitenden des Jugendtreffs werden unter die verschiedenen Meldungen selbst produzierte Fake News gemischt, welche eine Relevanz im nahen Lebensumfeld der Jugendlichen besitzen (Schule, Jugendtreff, Stadtteil, …). Hierbei sollte man allerdings vorsichtig sein, damit keine Gerüchte entstehen, die dem Treff oder den Jugendlichen schaden könnten. Ebenso sollte man die Balance zwischen „reinlegen“ und „auflösen“ halten, um das Vertrauensverhältnis nicht zu gefährden.

    Abb. 2: Beispiel einer gefälschten Zeitungsseite mit lokalem Bezug zum Jugendzentrum.

    Reflexionsansätze:
    Wer ist Expert*in auf diesem Gebiet? Wie könnte man herausfinden, ob das stimmt oder nicht? Wie würde es euch gehen, wenn das stimmt? Wieso regt euch diese Nachricht so auf? (Nachrichten verbreiten sich schneller, wenn sie Menschen direkt betreffen und Emotionen wecken.)

     

  • Erweiterung der Methode: Wettbewerb einklappen

    Zusätzlich kann für Jugendliche, die sich gut durch Wettbewerbe anspornen lassen, eine „Highscoreliste (siehe unten) aufgehängt werden. Hierbei sollten die Wäscheklammersets farbig markiert und/oder z.B. mit A, B, C … beschriftet werden.

    Zusätzliches Material: Highscoreliste
    Druck_HighscoreA3.pptx

    Worauf achten?
    Eine Highscoreliste sollte bedacht eingesetzt werden. Sie sollte motivieren und nicht zu Frustration oder zu Versagensängsten führen.