Zielgruppe

Jugendliche ab 12/13 Jahren im Jugendtreff

Ziele

Gesprächsanlässe schaffen und Reflexionsanstöße geben: 

  • Fakten versus Meinung: Jugendliche lernen, Fakten (als überprüfbare Tatsachen) von Meinungen (als subjektive, persönliche Sichtweisen) zu unterscheiden. 
  • Argumentation: In der Auseinandersetzung im gemeinsamen Gespräch/in der thematischen Diskussion sind Jugendliche angehalten, ihre eigene Meinung zu artikulieren, zu reflektieren und gegebenenfalls sich eine eigene Meinung zu bilden. Sie erlernen das Argumentieren und das Formulieren von Begründungen und Erklärungen, warum man für oder gegen etwas ist bzw. etwas gut oder schlecht findet. 
  • Meinungsbildung: Jugendliche werden für die Einflüsse, die ihre Meinungsbildung prägen, sensibilisiert. Dies schließt die Erkennung von Beeinflussung durch Medien, Influencer*innen und die soziale Umgebung ein. Durch das Erkennen dieser Einflüsse können Jugendliche bewusster und kritischer mit Informationen umgehen und eigenständige Meinungen bilden. 
Zeit

flexibel; 10–30 Minuten pro Gesprächseinheit, je nach Interesse und Motivation 

Benötigte Materialien

Allgemein:

  • farbige DIN-A4-Ausdrucke der Vorlagen & Hintergrundinformationen:
    https://isso-meinung.parabol.de 
  • beschriftete Wäscheklammern 
  • Schnur/Kordel zum Aufhängen 
  • optional: Aufkleber-Set (Daumen) 

Für die Greenscreen-Aktion:  

  • Greenscreen oder grüne Decke 
  • Softboxen oder viel Tageslicht/sonstige Lampen 
  • iPad-Stativhalterung und Stativ 
  • Greenscreen-App von Do Ink 
  • Bildschirm mit HDMI-Anschluss, iPad-Monitoradapter 
  • Fotodrucker, z. B. Canon Selphy  

Apps, Materialien und weitere Infos zum Greenscreen

Meinungen und Fakten unterscheiden können

Dieser Methodenbaustein beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Meinungsbildung und Meinungsmanipulation. Um bei einem Projekt in der offenen Kinder- und Jugendarbeit auch bei einem solch gesprächslastigen Inhalt einen spielerisch-aktivierenden und niedrigschwelligen Charakter beizubehalten, lehnt sich die Methode an die „Fake or Real?“-Klammeraktion an (vgl. Beitrag auf dieser Seite). Diese Methode wurde in den vergangenen Jahren in mehr als 20 Kinder- und Jugendtreffs erfolgreich umgesetzt. Hierbei werden verschiedene Meldungen ausgedruckt und an einer Wäscheleine im Treff aufgehängt.

Abb. 2, Symbolbild Meinung, Quelle

Den Jugendlichen stehen Wäscheklammern mit den Aufschriften „Fake“ und „Real“ zur Verfügung. Ihrem Bauchgefühl entsprechend können sie die Nachrichten damit kennzeichnen, danach wird im gemeinsamen Gespräch aufgelöst. Für unsere Methode „oder MEINUNG?“ wurden spezielle kontrovers zu diskutierende Themen ausgewählt und einige Wäscheklammern mit der Aufschrift „Meinung” ergänzt. Ebenso wurden Meldungen bzw. (TikTok-)Clips ausgewählt, welche gezielt mit audiovisuellem Stilmittel manipulieren. In dieser Methodenvariation steht nicht die Recherche von Fakten im Fokus, sondern die Meinungen der Jugendlichen und die Reflexion über den Unterschied von Fakten und Meinungen sowie eine Sensibilisierung hinsichtlich Mechanismen der Meinungsmanipulation. Um den Fokus auf die Meinungen der Jugendlichen zu unterstützen, wurden zudem kleine Emoji-Daumen-Aufkleber gedruckt, mit welchen die Jugendlichen sich auf den jeweiligen Aushängen positionieren konnten: mit Daumen-hoch-Aufklebern für „Finde ich gut/Genau meine Meinung“ oder Daumen-runter-Aufklebern für „Finde ich nicht gut/Sehe ich anders“.

Die Themenauswahl

Um das Thema „Meinung“ und die gewünschten Reflexionsebenen aufgreifen zu können, ist es bedeutend, möglichst kontroverse und gleichzeitig lebensweltorientierte Themen zu identifizieren, welche sich gut für eine Diskussion eignen und zu welchen unterschiedliche Meinungen im Netz kursieren.  

In unserem Pilotprojekt bot sich das Thema „Frauenfußball“ als eines der Hauptthemen an (vgl. Materialien). In unserem Modell-Jugendtreff wurde bereits immer mal wieder zwischen Jugendlichen und Mitarbeitenden kontrovers darüber diskutiert, ob Frauen (gut) Fußball spielen können oder nicht. 

Abb. 3, Frauenfußball, Quelle

Ist ein passendes Thema gefunden, werden dazu eindeutige Fakten, evtl. Desinformationen sowie insbesondere Meinungen von bekannten Influencer*innen herausgesucht. Entsprechend wurde zu unserem Thema „Frauenfußball“ eine Statistik der geschossenen Bundesligatore im Vergleich Frauen- und Männerfußball, Meinungen zum Thema Frauenfußball von zwei Influencern sowie eine Studie und ein Experiment zu Unterschieden zwischen bzw. Vorurteilen gegen Frauen- und Männerfußball herausgesucht (vgl. Padlet-Druckvorlagen „oder MEINUNG!?“). Dieses Experiment (ein Werbetrailer der französischen Frauenfußballmannschaft zur Frauen-WM 2023) eignete sich zudem perfekt zur Reflexion der Manipulation der eigenen Meinung auf verschiedenen Ebenen. Der erste Teil des Werbeclips zeigt (so sieht es aus) ein Spiel der französischen Männernationalmannschaft. Im zweiten Teil des Clips wird aufgelöst, dass alles nur ein Videotrick war, durch den die Köpfe der Spielerinnen der Frauenmannschaft gegen die Köpfe der Spieler der französischen Männermannschaft ausgetauscht wurden. Der*Die Zuschauende hat also die ganze Zeit das Spiel der Frauenmannschaft gesehen, es aber durch die Brille einer Männermannschaft beurteilt. Als erste Reflexionsebene bieten sich hier eigene Vorurteile an, welche die eigene Meinung beeinflussen.  

Ergänzendes Angebot

Als ergänzende, praktische Aktion, aber auch als Hingucker – „Hey, hier findet was Cooles statt!“ – wird ein kleines „Greenscreen-Studio“ (grüner Roll-up und Softboxen) zentral im Jugendtreff aufgebaut, wenn möglich direkt neben der Wäscheleine mit den bunten Aushängen. Mit dem „Greenscreen-Studio“ können Jugendliche sich mithilfe eines iPads und der Greenscreen-App von Do Ink vor unterschiedliche Hintergründe setzen. Egal ob ins beliebte Videogame hinein oder auf den Fußballplatz mit ihrem Lieblingsspieler. Schließt man einen externen Monitor an das iPad an, können die Jugendlichen live verfolgen, wie sie mit dem Hintergrund interagieren. Die fertigen Fotocollagen werden direkt mit einem kleinen mobilen Fotodrucker ausgedruckt und können von den Jugendlichen mitgenommen werden.  

Wenn die Fotos ansonsten nirgendwo gepostet werden, können hier Bilder direkt aus einer Suchmaschine benutzt werden. Andernfalls benötigt es lizenzfreie Bilder und das Einverständnis der Eltern/der Abgebildeten vor dem Posten der Bilder. Die Fotos werden mit einem Fotodrucker direkt ausgedruckt, sodass die Jugendlichen diese auch mitnehmen können. 

Abb. 4, Symbolbild Meinung

Um hier wieder einen Fokus auf das Thema Fakten und Meinungen zu legen, steht die Greenscreen-Aktion unter dem Motto „Meine Meinung“. Die Produkte werden ausgedruckt, an einer Wand neben dem Greenscreen aufgehängt und entsprechend betitelt: „Beste*r Sportler*in, bestes Mobilegame …“. Über Moderationskarten wird ein Kommentar mit einer Begründung gehängt, zum Beispiel, was genau Messi für die Jugendlichen zum besten Fußballer macht. Jugendliche lernen, ihre Meinung zu artikulieren, zu vertreten und auch argumentativ zu begründen.

Hier geht es zur Methode „Greenscreen“

Reflexionsebene

Kann ich überprüfen, ob das stimmt? Was ist deine Meinung zu dem Thema? Was unterscheidet einen Fakt von einer Meinung? Woher bekommt man seine eigene Meinung? Wie wirkt dieses Video? Was fühlt man dabei? Welche Gefühle will es erzeugen und warum? Was kann eine Meinung verändern/manipulieren? Hat diese Meldung Einfluss auf deine Meinung oder könnte es die Meinung von anderen verändern? Hat dich die Meinung der anderen (hier hängen schon ganz viele Klammern oder Daumen) beeinflusst? Hättest du dich getraut, hier auch anderer Meinung zu sein? 

Tipps für die Umsetzung
  • Freiwilligkeit einklappen

    Wichtig ist, dass das Angebot in der offenen Tür freiwillig ist. Es gilt, zum Mitmachen zu motivieren, aber nicht zu verpflichten. Allerdings sollte – nachdem die Jugendlichen ihre Klammern gehängt haben – unbedingt kurz aufgelöst werden, welche Meldungen Fake und welche Real sind, damit die falschen Nachrichten nicht als Fakten im Kopf bleiben.  

  • Meinungsklammern einklappen

    Während „Fake oder Real?“ ohne weitere Erklärungen starten kann, kann es für das Thema Meinung sinnvoll sein, kurz mit den Jugendlichen zu besprechen, was den Unterschied zwischen falsch/richtig und einer Meinung ausmacht, bevor sie ihre Klammern setzen. 

  • Die eigene Haltung einklappen

    Es ist wichtig, die Perspektive, Erfahrungen und Kompetenzen junger Menschen miteinzubeziehen und immer eine wertschätzende und den Jugendlichen und ihrer individuellen Mediennutzung gegenüber interessierte Haltung einzunehmen. Ebenso gilt es, sensibel mit den Meinungen und Ansichten der Jugendlichen umzugehen. Meinungen sollten nicht totdiskutiert, sondern auch respektiert, stehengelassen und gegebenenfalls ausgehalten werden. Bei extremen Meinungen sollte zwar auch aufgeklärt und mit der eigenen Meinung gegengehalten werden, dabei dürfen die Jugendlichen aber niemals verurteilt werden. Eher sollte ein Stück hinter die Äußerungen geschaut und analysiert werden, was eigentlich dahintersteckt. Vielleicht gibt es Ängste oder persönliche Erfahrungen? Überdiese kann auf Augenhöhe und in einem gemeinsamen Graubereich diskutiert werden.  

  • Niedrigschwellige Variation der Methode: Gesprächsanlass Theke einklappen

    Vereinzelte Fake oder RealMeldungen oder auch Meinungen/Statements von Influencer*innen können (immer mal wieder über einen längeren Zeitraum hinweg) auf der Theke des Jugendhauses ausgelegt werden, um auf diese Weise oder auch zusätzlich mit einer kurzen motivierenden Ansprache Gesprächsanlässe im Alltag zu schaffen: Hey, was denkst du? Fake oder Real?/Fakt oder Meinung?/Was ist deine Meinung zu diesem Thema? Die Wäscheklammern können hier verwendet werde, müssen es aber nicht.  

veröffentlicht am 19.02.2024