ca. 1 Stunde  und 45 Minuten :  

  • Situationen finden (20 Min.) 
  • Szenenentwicklung (20 Min.) 
  • Rollenspiel (65 Min.)  
Material
  • Tafel/Flipchart  
  • Papier und Stifte  
  • evtl. eine kleine Auswahl verschiedener Kostümversatzstücke wie Kopfbedeckungen, Jacken usw.  
  • Malerkreppband  
Ziel
  • Reflexion von Ungerechtigkeit im eigenen Umfeld  
  • Erarbeiten von Handlungsoptionen  
  • Üben von Zivilcourage 
Ablauf

1. Die Moderation bittet die Teilnehmenden, kurz für sich zu überlegen und aufzuschreiben, in welchen Situationen sie schon einmal Ungerechtigkeit beobachtet haben oder vielleicht selbst schon einmal ungerecht waren. Wenn den Teilnehmenden nichts einfällt, kann die Moderation unterstützen, indem sie nach Situationen in konkreten Gruppen/Umfeldern fragt, wie zum Beispiel Geschwister, Freund*innen, Verein usw.  

Hinweis: Die Moderation sollte nicht nach Situationen in der Gruppenkonstellation, in der der Workshop gerade stattfindet, fragen, da sonst Teilnehmende unfreiwillig bloßgestellt werdeund Konflikte aufkommen könnten, die für die Moderation möglicherweise schwer aufzufangen sind. 

2. Die Moderation fragt die Gruppe, ob es Personen gibt, die sich vorstellen können, ihre Situationen mit den anderen zu teilen. Hier lohnt es sich, Geduld zu haben und die Gruppe eventuell auch mehrmals zu ermutigen, Erlebtes zu erzählen.

3. Wenn Geschichten geteilt werden, hält die Moderation diese an der Tafel/auf dem Flipchart fest. Sie bedankt sich bei Teilnehmenden, die sich beteiligt haben, für ihre Offenheit. Durch Nachfragen, ob andere Ähnliches erlebt/beobachtet haben, können die restlichen Teilnehmenden dazu angeregt werden, ebenfalls ihre Geschichte zu erzählen.

4. Sollte sich niemand bereit erklären, eine Geschichte zu teilen, betont die Moderation, dass das vollkommen in Ordnung ist, da es sich um etwas sehr Persönliches handelt, und fährt mit dem nächsten Schritt fort. 

5.Die Moderation teilt die Teilnehmenden in Kleingruppen vondrei bis acht Personen ein. Die Gruppen bekommen die Aufgabe - inspiriert von einer der genannten Situationen -eine Theaterszene zu entwickeln, die schlecht ausgeht. Die Moderation betont, dass es nicht darum geht, das genaue Erlebnis und die Person zu spielen, die die Geschichte geteilt hat, sondern darum, eine eigene Situation zu erschaffen. Dies kann unterstützt werden, indem die Figuren andere Namen bekommen als die realen Personen. 

Die Szenen sollen aus drei Figuren bestehen: aus einer Figur, die ungerecht ist, einer, der Ungerechtigkeit widerfährt, und einer, die die Situation beobachtet. 

Sollte beim Austausch in Schritt 2 keine Geschichte geteilt worden sein, bittet die Moderation die Teilnehmenden, gemeinsam eine Situation zu erfinden, die sie beobachtet oder erlebt haben könnten. Hierbei ist es wichtig zu betonen, dass die Situation wirklich in ihrer Lebensrealität verortet sein sollte.

6. Um die Szenenentwicklung zu unterstützen, schreibt die Moderation folgende Fragen an die Tafel/auf das Flipchart:

  • Welchen Namen hat die Szene?
  • Wo spielt die Szene?
  • Welche Figuren kommen vor?
  • Was wollen die Figuren in dieser Situation erreichen?  
  • Wie fängt die Szene an?
  • Wie hört die Szene auf?
     

Damit sich die Teilnehmenden besser von den Figuren abgrenzen können, kann es nützlich sein, eine Auswahl von Kostümversatzstücken für die Rollen bereitzustellen.
 

7. Die Moderation kennzeichnet einen Bereich des Raums als Bühne, indem sie die Abgrenzungen mit Malerkreppband auf dem Boden markiert. Sie bittet dieTeilnehmenden, ihre Stühle so aufzustellen, dass alle gut die Bühne sehen können.

8. Die Moderation fragt, welche Gruppe gerne anfangen würde. Wenn sich eine Gruppe gefunden hat, fragt sie nach dem Namen der Szene. Sie bittet die Darstellenden, gegebenenfalls ihre Kostümteile anzuziehen und sich auf der Bühne zu positionieren.
Dann moderiert sie die Szene mit dem genannten Namen für die Zuschauenden an und gibt den Spielenden ein Startsignal.

9. Nachdem die Szene gezeigt wurde, fordert die Moderation die Zuschauenden zum Applaus auf und bittet die Spielenden, sich kurz auszuschütteln und zu den anderen zu setzen.

10. Die Gruppe reflektiert gemeinsam. In dieser wie auch in allen folgenden Szenenreflexionen ist es wichtig, dass die Moderation darauf achtet, dass während des Gesprächs die Rollennamen und nicht die Namen der Darstellenden verwendet werden, um die nötige Abgrenzung zu erreichen.
Die Moderation stellt folgende Fragen an die Zuschauenden:
 

  • Was ist in der gezeigten Situation passiert (hier gern zu detaillierten Schilderungen auffordern)?
  • Wer waren die dargestellten Personen?
  • Hätten sich die dargestellten Personen in der Situation anders verhalten können? Wenn ja, wie? 

11. Die Moderation sammelt zunächst im Austausch mit der Gruppe einige Ideen für Handlungsoptionen der Figuren. Die Moderation kündigt an, dass die Teilnehmenden nun die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen auszuprobieren. 

12. Die Moderation bittet die Darstellenden, wieder ihre Anfangsposition einzunehmen. Sie erklärt den Zuschauenden, dass sie nun eine*n der Darstellenden in seiner*ihrer Rolle ablösen können und in der Szene versuchen sollen, durch verändertes Verhalten einen anderen Ausgang zu bewirken. Die Mitspielenden sollen sich auf die veränderte Figur einlassen und versuchen, möglichst spontan aus ihrer Rolle heraus zu reagieren.

13. Die Moderation fragt die Zuschauenden nach Freiwilligen. Wenn sich niemand meldet, können Personen, die vorher Ideen geteilt haben, konkret angesprochen werden, ob sie sich vorstellen können, sie auszuprobieren.

14. Wenn sich ein*e Teilnehmer*in meldet, wird er*sie beklatscht und gefragt, welche Rolle er*sie gern in der Szene übernehmen würde. Die*der Teilnehmer*in wird angewiesen, die Position und evtl. die Requisiten der Rolle zu übernehmen. Die Person, die die Rolle vorher gespielt hat, setzt sich in den Zuschauerraum.

15.   Nachdem die Szene gezeigt wurde, fordert die Moderation die Zuschauenden zum Applaus auf und bittet die Spielenden, sich kurz auszuschütteln und zu den anderen zu setzen.

16. Die Moderation fragt die Zuschauenden:

  • Wie hat sich die ausgetauschte Figur jetzt verhalten?
  • Wie hat das die Situation verändert?
     

Dann wendet sich die Moderation an die Person, die neu in die Szene eingestiegen ist, mit folgenden Fragen:
 

  • Welche Idee hast du ausprobiert?
  • Hat sie so funktioniert, wie du sie dir vorgestellt hast?
     

An die anderen Mitspielenden werden folgende Fragen gestellt: 

  • Wie hast du die ausgetauschte Figur diesmal wahrgenommen?
  • Was hat sich aus der Perspektive deiner Figur in der Situation verändert? 

17. Nach demselben Prinzip werden die anderen Szenen gezeigt und bearbeitet. Je nach Zeit können pro Szene zwei bis drei Ideen der Zuschauenden ausprobiert werden. Sollte die Gruppe keine Lust haben zu spielen, können die Ideen auch einfach nur gemeinsam besprochen werden. Hier könnte es interessant sein, die Spielenden zu fragen, wie sie die Ideen aus der Perspektive ihrer Figuren einschätzen.

18. Nachdem alle Szenen gezeigt wurden, bittet die Moderation die Teilnehmenden, sich gemeinsam auszuschütteln, um sich von dem Gesehenen und Erlebten zu lösen.

Anschließend leitet die Moderation eine Abschlussreflexion ein. Hierbei können folgende Fragen gestellt werden:

  • Wie war es für euch, in die unterschiedlichen Rollen zu schlüpfen?
     
  • In welchen der dargestellten Situationen/Rollen war es leicht, etwas zu verändern und in welchen fiel es euch schwer?
     
  • Habt ihr Handlungsmöglichkeiten gesehen oder ausprobiert, die ihr in euren Alltag mitnehmen möchtet?