Wer hat's gesagt?
“Ich sage, wir müssen unsere Männlichkeit wiederentdecken. Denn nur, wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft. Und nur, wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft.”
Richtig!
Leider Falsch. Die richtige Antwort wäre "Björn Höcke".
Das Zitat stammt aus einer Rede Björn Höckes, die er am 18.02.2015 in Erfurt gehalten hat. Höcke ist der Thüringer Landesvorsitzende der AfD und Mitbegründer ihres völkisch-nationalistischen und rechtsextremen „Flügels“.
Der im Jahr 2021 aufgelöste „Flügel“ bildet den parlamentarischen Arm der radikalen Rechten und wurde am 12. März 2020 vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft (Verfassungsschutzbericht Thüringen 2020, S. 52).
Welche Aussagen stecken in dem Zitat?
Höcke spricht in dem Zitat über rechte Männlichkeitsvorstellungen. Rechte und rechtsextreme Individuen und Gruppen befürworten völkisch-traditionelle Rollenvorstellungen, weil diese vermeintlich naturgegeben seien.
Männer müssen demnach kriegerisch und wehrhaft sein, Frauen dagegen fürsorglich. Damit kritisiert Höcke liberale und flexible Rollenvorstellungen vom Mannsein. Darüber hinaus möchten Akteure wie Björn Höcke uns glauben lassen, dass die deutsche Volksgemeinschaft (gemeint sind hier Deutsche ohne Einwanderungsgeschichte) durch den Zuzug von Geflüchteten und Migrant*innen schrittweise verdrängt werden würde. Sie entwerfen dafür das Szenario eines „Bevölkerungsaustauschs“, bei dem allmählich die christlich-europäische Bevölkerung durch v.a. muslimische Einwander*innen ersetzt werden wird. Dagegen müssen sich die Männer wehren.
Historisch gesehen ist Migration allerdings der Normalfall: Schon immer und überall hat es Migration gegeben.
Was sagen Islamist*innen zu dem Thema?
Während das Narrativ des „Bevölkerungsaustauschs“ typisch für Rechte und Rechtsextremist*innen ist, sind toxische Männlichkeitsbilder auch Teil islamistischer Geschlechterideologien. Auch sie verbreiten das Bild von hypermännlichem Heldentum. Wer nicht den starren und überholten Geschlechtervorstellungen entspricht, wird abgewertet und verurteilt. Platz für vielfältige Männlichkeitsidentitäten gibt es weder in rechten noch in islamistischen Ideologien.
Wo liegt das Problem?
Wer so spricht, hält an Geschlechterbildern fest, wie sie in patriarchalen, also von Männern dominierten Gesellschaften üblich sind. Extremist*innen verfestigen damit die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts und befördern ihre Ausgrenzung. Ihr Weltbild richtet sich gegen vielfältige Männlichkeitsidentitäten und gegen Vielfalt innerhalb der Gesellschaft. Außerdem hält dieses Weltbild an der binären Geschlechtervorstellung fest, es gäbe nur Frau und Mann mit ihren jeweiligen natürlichen Eigenschaften. Dabei gibt es dazu in der Wissenschaft auch ganz andere Auffassungen, die traditionellen Vorstellungen widersprechen.
Was sagen?
Meinungsvielfalt und Überzeugungspluralität gehören zu einer demokratischen Gesellschaft dazu. Sie funktioniert jedoch nur, wenn Verschiedenheit akzeptiert und respektiert wird. Welchen Lebensstil ein*e Einzelne*r verfolgen möchte, ist eine individuelle Entscheidung. Ebenso soll ein*e jede*r für sich selbst definieren können, was für ihn*sie Männlichkeit oder Weiblichkeit bedeutet. Täglich sind wir von verschiedenen Menschen umgeben und alle sind auf ihre eigene Weise männlich, weiblich oder verorten sich auf einem Spektrum dazwischen.
Texte und Videos zum Thema
Extrem männlich. Antifeminismus und Männlichkeitskult zwischen rechten und salafistischen Narrativen
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Was sind Narrative überhaupt?
Narrative sind in aller Munde. Ob in Politik, in den Medien oder in der Psychologie: Überall wird von Narrativen gesprochen. Aber was sind Narrative und was haben sie mit Extremismus zu tun?
Die meisten Menschen begegnen Narrativen das erste Mal in Kinderbüchern, Comics, Liedern, Spielfilmen oder Computerspielen – immer gibt es spannende Geschichten, die uns in andere Leben, Zeiten und Welten mitnehmen. Denn Narrative bezeichnen zunächst einmal die einzelnen, miteinander verbundenen Handlungsstränge einer Geschichte.
Der englische Schriftsteller E. M. Foster macht den Unterschied zwischen einer auf Fakten basierten Geschichte und einer Handlung mit einem Beispiel deutlich. In dem Satz „The king died, and then the queen died“ (Der König starb und dann starb die Königin) werden zwei Ereignisse geschildert, die auch unabhängig voneinander passiert sein können. Doch in dem Satz „The king died, and then the queen died of grief“ (Der König starb und dann starb die Königin vor Gram) erfahren wir einen Grund, der beide Ereignisse miteinander verbindet. Was erzählt wird, was ausgelassen wird und welchen Ereignissen wie viel Raum gegeben wird, das ist ausschlaggebend dafür, wie wir die Ereignisse wahrnehmen.
Narrative werden aber nicht nur in Unterhaltungsmedien genutzt. Sie nehmen besonders im politischen Denken und in öffentlichen Diskussionen eine zentrale Stellung ein. Denn in ihnen stecken oft überzeugende und motivierende Geschichten, die Geschehnissen einen Sinn geben. Sie ermöglichen es uns, schwierige und komplizierte Zusammenhänge zu verstehen. Sie beeinflussen unser Bild von uns und von anderen. Sie können darüber hinaus dazu beitragen, dass wir uns als Teil einer Gruppe verstehen – oder eben auch nicht. Kurzum: Narrative haben Einfluss auf unsere Weltsicht.
Und was hat das jetzt mit Extremismus zu tun?
Angesichts der Wirkweise von Narrativen ist es wenig überraschend, dass auch populistische oder extremistische Personen oder Gruppierungen Narrative nutzen, um ihre rassistische, sexistische oder menschen- und demokratiefeindliche Weltsicht in die Öffentlichkeit zu bringen. Narrative erfüllen damit eine wichtige ideologische Funktion.
Oftmals sprechen Narrative Themen an, in denen Gesellschaftskritik oder Fragen zu Werten und Religion, Identität und Zugehörigkeit, Gender und Pluralismus angesprochen werden. In Form von Brückennarrativen können sie sowohl in politischen Randgruppen wie auch im gesellschaftlichen Mainstream anzutreffen sein. Narrative verbinden extremistische politische Spektren mit der Mitte der Gesellschaft. Dies zu erkennen ist jedoch nicht immer leicht.
Autor*innen
Das Quiz ist im Rahmen des außeruniversitären Bildungsangebots „MasterClass: Präventionsfeld Islamismus“ der Bundeszentrale für politische Bildung entstanden. Es ist das Abschlussprojekt der Arbeitsgruppe von Nicole Bopp, Merve Genç, Pirkko Jahn, Sarah Müller und Bence Zámbó. Betreut wurden sie von Maral Jekta (ufuq.de).
Die Inhalte, Aussagen und Themensetzungen dieses Angebots liegen in der Verantwortung der Arbeitsgruppe. Sie wurden in redaktioneller Autonomie gestaltet und spiegeln die Meinung der Autor*innen wider und repräsentieren nicht notwendigerweise die Meinungen und Standpunkte der Bundeszentrale für politische Bildung.