Medienkritik
Islamistische Gesellschaftskritik beinhaltet eine deutliche Abgrenzung von medialen Diskursen. Islamistische Gruppierungen kritisieren die Medien vorwiegend aufgrund der medialen meist negativ konnotierten Darstellung von Muslim*innen (siehe Abbildung 5). Einer der Akteure, der sich intensiv mit diesem Thema befasst, ist der salafistische Prediger Pierre Vogel. Zwischen dem 05.01.2018 und dem 16.02.2018 postete Vogel auf Facebook mehrere Beiträge, in denen hauptsächlich über Kindesmissbrauch sowie familiäre Gewalt durch Nichtmuslim*innen berichtet wird. In seinen Kommentaren zu den jeweiligen Artikeln weist er immer darauf hin, dass die Berichterstattung und der öffentliche Diskurs darüber anders verlaufen würden, wären die Täter*innen Muslim*innen oder Migrant*innen.
So schreibt er am 02.02.2018 in einem Kommentar zum MAZ-online-Artikel über einen Dreifachmörder: „Woran denkt man, wenn man hört, dass ein Mann eine Frau aus seiner Familie getötet hat? Die Hetze der Islamhasser hat es geschafft, dass sofort der erste Gedanke bei solchen Verbrechen „Bestimmt ein Ehrenmord“ ist.“[1] In dieser Medienkritik wird nicht selten auch an antisemitische Verschwörungstheorien anknüpft. Beispielhaft dafür steht folgendes Zitat aus einem am 27.01.2018 veröffentlichtem Vortrag Abul Baraas, in dem er von einer angeblich von jüdischen Inhaber*innen kontrollierten Presse spricht: „Sie haben kein Problem damit uns Salafisten zu nennen, sie haben kein Problem damit uns Terroristen zu nennen (…) wer sie aufgehetzt hat, ist die zionistische Presse (…).“[2]
Während Islamist*innen die durchaus legitime Kritik an der häufig negativen Darstellung von Muslim*innen für ihre Zwecke instrumentalisieren, wird von Rechtsextremen den Medien unterstellt, Sprachrohr der Regierung zu sein. Mit der Verbreitung des Schlagwortes „Lügenpresse“ wird die Glaubwürdigkeit der freien Presse systematisch untergraben und suggeriert, dass die Meinungsfreiheit gefährdet sei (siehe Abbildung 6). Beispielhaft dafür ist eine am 03.05.2019 erschienene Folge im neurechten Videoblog Laut Gedacht mit dem Titel „Hass im Staatsfunk – Böhmermanns Reconquista Internet“. Die Folge hat u. a. die Programmankündigung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) auf Twitter zum Thema.
Am 17.04.2018 veröffentlichte die MDR-Sachsen-Redaktion den Tweet „Darf man heute noch „N****“[3] sagen? Warum Ist politische Korrektheit zur Kampfzone geworden?“[4] Nach massiver öffentlicher Kritik wurde die Sendung abgesagt. Bezugnehmend auf die Geschehnisse wird in der Folge suggeriert, dass die Meinungsfreiheit in Gefahr sei, auch durch „gebührenfinanzierte Akteure vom Staatsfunk“[5] wie Jan Böhmermann. Als Satire getarnt, werden die Zuschauer*innen in der Sendung dazu aufgerufen, sich für „Reconquista Germanica“, einem verdeckt operierenden Netzwerk von rechtsextremen Internettrollen, zu engagieren.