Inhalt
Abweichung und Verrat – die Ablehnung von gesellschaftlichem Pluralismus in islamistischen und rechtsextremen Narrativen- Einleitung
- Hintergrund
- Antipluralismus und Vereindeutigung als Merkmal extremistischer Ideologien
- Islamistische und rechtsextreme Perspektiven auf Pluralismus
- „Wir“ versus „Ihr“ – die Abgrenzung von Nichtmuslim*innen in islamistischen Narrativen
- „Wir“ versus „Ihr“ – der äußere Feind in rechtsextremen Narrativen
- Pluralismus als Abweichung von der göttlichen Ordnung – islamistische Narrative zu innerislamischer Diversität
- Pluralismus als Abweichung von der natürlichen Ordnung – rechtsextreme Narrative zu gesellschaftlichem Pluralismus
- Antipluralismus konkret: Normierung von Geschlechterrollen in islamistischen Narrativen
- Antipluralismus konkret: Normierung von Geschlechterrollen in rechtsextremen Narrativen
- Empfehlungen
- Literaturverzeichnis
Antipluralismus konkret: Normierung von Geschlechterrollen in rechtsextremen Narrativen
Antifeministische Narrative sind auch für rechtspopulistische und -extreme Ideologien zentral. Ähnlich wie Islamist*innen wenden sie sich gegen Geschlechtergerechtigkeit und die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt. In diesem Themenfeld spielt die international vernetzte sogenannte Manosphere eine besondere Rolle. In diversen Online-Foren treffen Maskulinisten, Männer- und Väterrechtler, christlich-fundamentalistische Organisationen, Pickup-Artists, Incels, Vertreter der misogynen Online-Community MGTOW (Men Going Their Own Way) auf Rechtspopulist*innen und Rechtsextreme. Zu der Manosphere zählen aber auch bürgerlich-konservative Gruppierungen wie die der FDP nahestehende Männerorganisation „Liberale Männer“ [1]. Grundlegend für die Manosphere ist das Narrativ von einer Krise der Männlichkeit, der Glaube an binäre Geschlechtervorstellungen, völkisch-traditionelle Rollenvorstellungen sowie an unveränderliche Eigenschaften von Männern und Frauen. Damit einher geht die Überzeugung, dass die Geschlechter ungleichwertig seien. Männer sind danach kriegerisch und wehrhaft, Frauen dagegen fürsorglich. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang zwei Schwerpunkte in den Erzählsträngen antifeministischer und antigenderistischer Narrative: Antifeminist*innen gehen von der Überlegenheit der Männer und einer Hypermaskulinität aus und streben die Wiederherstellung einer natürlichen oder gottgewollten Ordnung an.
Antigenderist*innen vertreten hingegen eine Opferideologie, nach der die weiße Männlichkeit und damit einhergehende Privilegien sowie die klassische Familie bedroht seien. Beide eint der Wunsch nach Souveränität und Autarkie, der durch einen Machtanspruch legitimiert ist.
Gemeinsam ist diesen Narrativen das Feindbild eines vermeintlichen Staatsfeminismus, der in Politik, Kultur und Medien von einer Trans-, Homo- oder Genderlobby durchgesetzt werde. Es wendet sich gegen die Errungenschaften emanzipativer Bewegungen der 68er, die zu einer „Verwahrlosung“ der Gesellschaft und zum Geburtenrückgang beigetragen hätten und damit als Teil einer Verschwörung zum „großen Austausch“ zu bekämpfen seien. Allen diesen Gruppen ist gemein, dass sie sich als Protestgruppen inszenieren, die einen Kampf gegen die etablierte Ordnung zum Schutz der eigenen Identität aufgenommen haben.
In Abgrenzung zum vermeintlichen „linken Mainstream“ wird das Festhalten an konservativen Lebensformen als das wirklich „Radikale“ inszeniert und damit an jugendliche Bedürfnisse nach Abgrenzung angeknüpft.