Pluralismus als Abweichung von der natürlichen Ordnung – rechtsextreme Narrative zu gesellschaftlichem Pluralismus

Die Vorstellung einer homogenen Gemeinschaft ist auch für den Rechtsextremismus zentral. Sie wendet sich auch gegen einen gesellschaftlichen Wandel, der als Abweichen von angeblich zeitlosen Werten und Normen verstanden wird.

Abbildung 8: Progressives Denken ist eine Zielscheibe rechtspopulistischer und -extremer Narrative. Quelle: Frank Grobe (AfD), Facebook.

Dabei sind es vor allem vermeintliche Eliten aus Politik, Medien und Kultur, die als innere Feinde der Gemeinschaft diese Veränderungen vorantreiben. Ihnen wird unterstellt, als Handlanger von Verschwörungen gegen das deutsche Volk zu wirken. „Der Mainstream“, „Altparteien“, „Lügenpresse“ und ein „linksgrünversifftes Establishment“ dienen hier als Metaphern, um die politischen Gegner*innen als Feinde der Gesellschaft zu beschreiben. Ein oft genutztes rhetorisches Mittel sind Vergleiche aus der Seuchen- und Insektenbekämpfung, mit der eine Entmenschlichung einhergeht (vgl. Hufer 2018, S.131).

Die „Liberalen“, „Kulturmarxisten“ und die „Antifa“ hätten sich in einem kleinen, aber lauten globalen Netzwerk verschworen und besetzten Schlüsselpositionen der Macht.[1] Ziel des von ihnen unterstützen Bevölkerungstausches sei es, die Mehrheitsverhältnisse im Land zu den eigenen Gunsten zu verändern. In ihren Elfenbeintürmen sitzend, terrorisierten diese „Anderen“ durch ihre ständige Aufforderung zu politischer Korrektheit und Cancel Culture die hart arbeitenden Menschen, die andere Sorgen hätten (vgl. Strobl 2021, S. 59–61).

Dabei versuchen rechtsextreme Akteur*innen auch, sich als Fürsprecher*innen der von Armut betroffenen Menschen zu inszenieren. Umverteilungsfragen werden mit einer vermeintlichen Bedrohung durch Migrant*innen in Verbindung gesetzt und der gesellschaftliche Pluralismus als Ursache für die ökonomischen Missstände genannt.

Ziel solcher Narrative ist es, gesellschaftlichen Wandel und soziale Errungenschaften aufzuhalten bzw. zurückzudrehen. Dies äußert sich beispielsweise in Forderungen, Arbeitslosen das Wahlrecht zu entziehen, Reformen des Abstammungsrechts zu verhindern und den Sozialstaat sukzessive abzubauen (vgl. Strobl 2021, S. 92–96). Zur Erreichung dieser Ziele und langfristig des Systemwechsels soll Widerstand gegen die politisch Verantwortlichen mobilisiert werden. Verschwörungsmythen wie die vom „Great Reset“ und Nürnberg 2.0 sind der Versuch, dies auch gewaltsam durchzusetzen.